Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen.
Am Montag, den 3.Juli fand sie dann statt, die lange erwartete "Bürgerveranstaltung", in der der Landrat Dr.Neth endlich die Bürger über die Pläne zur medizinischen Versorgung von Künzelsau informieren wollte.
Das war zumindest die Erwartung, die aber schon im Anfangswortbeitrag des "Moderators" Bauer von einem mir bis dato unbekannten "Umweltinstitut Tübingen" (?) zunichtegemacht wurde. Denn, so stellte sich schnell heraus:
Der Kaiser ist ja nackt! Der Landrat hat ja gar kein Konzept!
Es sollte so eine Art Brainstorming darüber werden, was die Bürger wollen, so richtig mit gelben Moderationskärtchen und sofortiger Auswertung ... mit 350 (die Zahl entstammt der STIMME) Leuten ... unfaßbar für jemanden, der schon diverse Braistormings erleben und durchführen durfte.
Sind die vielen Berater mit ihrem Latein so am Ende, daß jetzt als letzte Rettung die Bürger befragt werden sollen?
Also schon heftiges Kopfschütteln, noch bevor die Veranstaltung richtig in Gang kam.
Vorab noch ein paar Worte zum "Moderator": Ein Mensch,
Der Eingangsbeitrag von Dr.Neth begann dann mit einem flachen Witz über das Publikum (wer hat diesen Mann eigentlich beraten?), nach welchem dann das Publikum spontan nochmals eine Stufe skeptischer wurde.
Ansonsten sagte Neth nichts Neues, also nichts, was er nicht schon öfter verlautbart hatte: Es ginge einzig um die medizinische Qualität. Aber argumentiert hat er immer nur mit Geld oder mit externen Anforderungen, nie mit Qualität. Daß man offenbar, wie andernorts schon vermutet, wirklich vom großen Geld geblendet war, zeigte eine Aussage Neths gegen Ende der Diskussion: Man habe doch das Fördergeld unbedingt annehmen müssen, denn sonst wäre es bekanntlich nach Lörrach gegangen. Eigentlich unfaßbar, so eine Aussage.
Noch viel unfaßbarer allerdings ein sprachlicher Fauxpas während seines Eingangsbeitrags, als er von "seinem" Kreistag sprach.
Nein, Herr Neth, das ist genaugenommen "unser" Kreistag und auch Sie sind "unser" Landrat - sowohl Sie als auch "ihr" Kreistag sind nämlich von uns gewählt. Aber diese Wortwahl ist bezeichnend und paßt genau in das Bild, das Sie mir seit Monaten vermitteln: das eines Mannes, der sich nicht als vom Volk gewählter Vertreter sieht sondern als sein Herrscher im alter Gutsherrenmanier.
Und so sind auch die Worte "Zumutung für die Demokratie" und "politische Verwahrlosung", die aus dem Publikum gefallen sind, durchaus nachvollziehbar.
Ich nenne das, im Angedenken an Wieschemann, ein "Defizit an Demokratieverständnis".
Jedenfalls kam die Eingangsrede des Landrats nicht gut an, der Unmut war deutlich und sogar der "Moderator" mußte auf die Glaubwürdigkeit des Landrats eingehen - dies zog sich durch die gesamte Veranstaltung, das Thema "Glaubwürdigkeit" war geradezu eine schallende Ohrfeige für den Landrat.
Nun, so gut wie alle Argumente, die Neth vorbrachte, waren sehr leicht angreifbar: Man hat damals kein Krankenhaus bei Kupferzell gebaut, weil man dann ja gleich nach Hall fahren könnte. Hall oder Öhringen ... da wird man auch in Zukunft leicht nach Hall fahren können. Und viel mehr argumentative Qualität gab es nicht ...
Ganz ganz schlimm -und hier ist für mich tatsächlich heftiges Fremdschämen angesagt!- aber, daß er jegliche Verantwortung weiterhin auf andere abschiebt: Die böse Politik des Bundes und des Landes einerseits und natürlich (dieses Argument war mir allerdings neu) medizinische Entscheidungen des verantwortlichen medizinischen Personals, die selbstverständlich keine politischen Entscheidungen waren andererseits ... und zwischendrin der arme Landrat, aufgerieben und handlungsunfähig, der alles nur abnicken muß (da ist es schon geradezu ironisch, daß mich heute ein Brief des GRÜNEN MdB Ebner erreicht, der eben diese Verantwortung nicht der Bundes- und Landespolitik sondern dem Landrat bzw den Kreisräten zuschiebt ... ).
So ein Verhalten eines gewählten Volksvertreters, der eigentlich mit breitem Kreuz die Interessen der Bürger vertreten sollte, ist einfach nur noch traurig. Man möchte ihn in den Arm nehmen und ihm ganz leise zuflüstern, ob er er sich das Ganze eigentlich noch antun mag ... nicht, daß er sich noch gesundheitlich zugrunderichtet!
Ein wenig mehr Sachlichkeit kam bei den Vorträgen von Hr.Heer (DRK), Frau Dr. DrHaack-Erdmann (Gesundheitsamt) und vor allem von Hr. Schopf (Geschäftsführer der Hohenloher Krankenhaus gGmbH) auf. Alle Vorträge kamen genaugenommen zu dem Schluß, daß durch die Schließung des Krankenhauses große Investitionen notwendig sind.
Vor allem die Aussagen von Jürgen Schopf lassen aufhorchen, denn es wurde folgendes klar:
Wollte man uns mit diesem Vortrag darauf vorbereiten, daß Künzelsau im Endeffekt mit leeren Händen dastehen wird, weil die böse Welt alle gutmeinenden Ideen verhindern wird?
Die Politik des Landrats des Hohenlohekreises erinnert doch sehr an ein altes Lied von Marius Müller-Westernhagen:
Völlig hilflos wirkte Neth übrigens, als er mehrfach erklärte, warum er die Bürger nicht informiert hätte ... er wollte doch immer "an die Bevölkerung herantreteten", wenn es etwas Klares zu berichten gäbe ...
Erstens kann man Menschen auch in Prozesse einbinden, sie "abholen" und sie "mitnehmen" nennt man das, und zweitens: Warum dann die gestrige Veranstaltung? Es gab doch immer noch nichts mitzuteilen? Sehr widersprüchlich, das Ganze.
Gegen Ende kamen dann auch die Fragen auf, die sich aus der Diskussion zwangsläufig ergeben haben:
Fazit: Ein reichlich unsouveräner und im Wortsinne konzeptloser Landrat, der sogar von den auf der Bühne auftretenden fachkundigen Rednern komplett im Stich gelassen wurde, hat es nicht geschafft, das zerstörte Vertrauen, die zerstörte Glaubwürdigkeit auch nur in Ansätzen wiederherzustellen.
Er hat nicht den Eindruck gemacht, daß er aus dem Kommunikationsdebakel der Vergangenheit gelernt hat und es steht zu befürchten, daß er weiterhin in Gutsherrenmanier agieren wird.
Wie sagts der Dichter?
PS: Nach der Veranstaltung wartete ein Streifenwagen vor der Stadthalle - hatte der Landrat etwa Befürchtungen?
Nachtrag 05.07.:
Der Artikel von Ralf Reichert in der Stimme ist bewundernswert unvollständig und behandelt leider nur einen Teil der Veranstaltung. Den Fragen und Aussagen der Bürger wird wie bei ihm inzwischen üblich kein Platz eingeräumt. Aber über die Stimme und insbesondere den Herrn Reichert rege ich mich nicht mehr auf, sonst handle ich dem Motto "meines" Landrats Neth "Gesünder länger leben" zuwider und da hilft dann auch "Mehr Obst und Gemüse essen" nicht viel.
Zum heutigen Artikel von Barbara Griesinger ist nur soviel zu sagen: Einem Dialog steht doch vor allem entgegen, daß die eine Seite nichts zu sagen hat außer der Feststellung, daß doch alles entschieden sei.
Das war zumindest die Erwartung, die aber schon im Anfangswortbeitrag des "Moderators" Bauer von einem mir bis dato unbekannten "Umweltinstitut Tübingen" (?) zunichtegemacht wurde. Denn, so stellte sich schnell heraus:
Es sollte so eine Art Brainstorming darüber werden, was die Bürger wollen, so richtig mit gelben Moderationskärtchen und sofortiger Auswertung ... mit 350 (die Zahl entstammt der STIMME) Leuten ... unfaßbar für jemanden, der schon diverse Braistormings erleben und durchführen durfte.
Sind die vielen Berater mit ihrem Latein so am Ende, daß jetzt als letzte Rettung die Bürger befragt werden sollen?
Also schon heftiges Kopfschütteln, noch bevor die Veranstaltung richtig in Gang kam.
Vorab noch ein paar Worte zum "Moderator": Ein Mensch,
- der konzept- und hilflos auf der Bühne herumlief wie im berühmten "ministry of silly walks"-Sketch,
- der das Mikrofon nicht im Griff hatte,
- der überhaupt keine Autorität ausstrahlte (deshalb sind ihm sowohl die Akteure auf der Bühne als auch das Publikum auf der Nase herumgetanzt)
- der die von ihm selbst mitgebrachten Informationen nicht interpretieren konnte: Er behauptete zB daß die Daten im "Krankenhaus-Simulator" unkorrekt seien, weil der Hohenlohekreis 20.000 Einwohner weniger hätte als dort angegeben. Daß dort aber gar nicht der Hohenlohekreis sondern der gesamte potentielle Einzugsbereich des Hohenloher Krankenhauses angegeben war, hat er nicht verstanden.
- der Aussagen aus dem Saal sinnentstellt an die Bühne weitergab (die Sache mit den "guten" 50%, bei der ich dann lautstark und völlig ohne Mikrofon einschreiten mußte)
Der Eingangsbeitrag von Dr.Neth begann dann mit einem flachen Witz über das Publikum (wer hat diesen Mann eigentlich beraten?), nach welchem dann das Publikum spontan nochmals eine Stufe skeptischer wurde.
Ansonsten sagte Neth nichts Neues, also nichts, was er nicht schon öfter verlautbart hatte: Es ginge einzig um die medizinische Qualität. Aber argumentiert hat er immer nur mit Geld oder mit externen Anforderungen, nie mit Qualität. Daß man offenbar, wie andernorts schon vermutet, wirklich vom großen Geld geblendet war, zeigte eine Aussage Neths gegen Ende der Diskussion: Man habe doch das Fördergeld unbedingt annehmen müssen, denn sonst wäre es bekanntlich nach Lörrach gegangen. Eigentlich unfaßbar, so eine Aussage.
Noch viel unfaßbarer allerdings ein sprachlicher Fauxpas während seines Eingangsbeitrags, als er von "seinem" Kreistag sprach.
Nein, Herr Neth, das ist genaugenommen "unser" Kreistag und auch Sie sind "unser" Landrat - sowohl Sie als auch "ihr" Kreistag sind nämlich von uns gewählt. Aber diese Wortwahl ist bezeichnend und paßt genau in das Bild, das Sie mir seit Monaten vermitteln: das eines Mannes, der sich nicht als vom Volk gewählter Vertreter sieht sondern als sein Herrscher im alter Gutsherrenmanier.
Und so sind auch die Worte "Zumutung für die Demokratie" und "politische Verwahrlosung", die aus dem Publikum gefallen sind, durchaus nachvollziehbar.
Ich nenne das, im Angedenken an Wieschemann, ein "Defizit an Demokratieverständnis".
Jedenfalls kam die Eingangsrede des Landrats nicht gut an, der Unmut war deutlich und sogar der "Moderator" mußte auf die Glaubwürdigkeit des Landrats eingehen - dies zog sich durch die gesamte Veranstaltung, das Thema "Glaubwürdigkeit" war geradezu eine schallende Ohrfeige für den Landrat.
Nun, so gut wie alle Argumente, die Neth vorbrachte, waren sehr leicht angreifbar: Man hat damals kein Krankenhaus bei Kupferzell gebaut, weil man dann ja gleich nach Hall fahren könnte. Hall oder Öhringen ... da wird man auch in Zukunft leicht nach Hall fahren können. Und viel mehr argumentative Qualität gab es nicht ...
Ganz ganz schlimm -und hier ist für mich tatsächlich heftiges Fremdschämen angesagt!- aber, daß er jegliche Verantwortung weiterhin auf andere abschiebt: Die böse Politik des Bundes und des Landes einerseits und natürlich (dieses Argument war mir allerdings neu) medizinische Entscheidungen des verantwortlichen medizinischen Personals, die selbstverständlich keine politischen Entscheidungen waren andererseits ... und zwischendrin der arme Landrat, aufgerieben und handlungsunfähig, der alles nur abnicken muß (da ist es schon geradezu ironisch, daß mich heute ein Brief des GRÜNEN MdB Ebner erreicht, der eben diese Verantwortung nicht der Bundes- und Landespolitik sondern dem Landrat bzw den Kreisräten zuschiebt ... ).
So ein Verhalten eines gewählten Volksvertreters, der eigentlich mit breitem Kreuz die Interessen der Bürger vertreten sollte, ist einfach nur noch traurig. Man möchte ihn in den Arm nehmen und ihm ganz leise zuflüstern, ob er er sich das Ganze eigentlich noch antun mag ... nicht, daß er sich noch gesundheitlich zugrunderichtet!
Ein wenig mehr Sachlichkeit kam bei den Vorträgen von Hr.Heer (DRK), Frau Dr. DrHaack-Erdmann (Gesundheitsamt) und vor allem von Hr. Schopf (Geschäftsführer der Hohenloher Krankenhaus gGmbH) auf. Alle Vorträge kamen genaugenommen zu dem Schluß, daß durch die Schließung des Krankenhauses große Investitionen notwendig sind.
Vor allem die Aussagen von Jürgen Schopf lassen aufhorchen, denn es wurde folgendes klar:
- Es gibt definitv kein Konzept für ein "MVZ" oder was auch immer.
- Die Hürden für eine irgendwie geartete zentrale Versorgung in Künzelsau sind extrem hoch - so haben wir (Einwurf von Dr.Lany) formell eine Überversorgung von Ärzten, sodaß alle Maßnahmen, die eine Zustimmung der Kassenärztlichen Vereinigung erfordern, doch sehr fraglich erscheinen. (Wie es scheint, wußte HrSchopf von der Überversorgung nichts ...)
Wollte man uns mit diesem Vortrag darauf vorbereiten, daß Künzelsau im Endeffekt mit leeren Händen dastehen wird, weil die böse Welt alle gutmeinenden Ideen verhindern wird?
Die Politik des Landrats des Hohenlohekreises erinnert doch sehr an ein altes Lied von Marius Müller-Westernhagen:
Mach dir keine Sorgen, es wird schon weitergeh'n
Wir werden uns was borgen und wieder jung ausseh'n
Fuer ein paar neue Kinder ist es jetzt eh zu spaet
und hoer' auf zu fragen, wie dieser Film ausgeht!
Keine Ahnung, keine Meinung, kein KonzeptA propos "Wir werden uns was borgen": Das neue Krankenhaus kostet ja etwa doppelt so viel wie der Landeszuschuß, man muß also ca. 50 Mio finanzieren (und da sind die Investitionen für das fiktive MVZ in Künzelsau noch gar nicht enthalten, wie wir lernen durften) ... als HrSchopf meinte, daß es Indikatoren gäbe, daß man sogar billiger würde, kam ein von Herzen kommendes und völlig unironisches befreiendes Gelächter auf und selbst der "Moderator" nutzte den Moment, um HrSchopf daran zu erinnern, daß wir schließlich in Deutschland sind.
Völlig hilflos wirkte Neth übrigens, als er mehrfach erklärte, warum er die Bürger nicht informiert hätte ... er wollte doch immer "an die Bevölkerung herantreteten", wenn es etwas Klares zu berichten gäbe ...
Erstens kann man Menschen auch in Prozesse einbinden, sie "abholen" und sie "mitnehmen" nennt man das, und zweitens: Warum dann die gestrige Veranstaltung? Es gab doch immer noch nichts mitzuteilen? Sehr widersprüchlich, das Ganze.
Gegen Ende kamen dann auch die Fragen auf, die sich aus der Diskussion zwangsläufig ergeben haben:
- Wie lange wird sich Öhringen halten können, wo doch die böse Politik ständig neue Voraussetzungen schafft?
- Und warum hat man nicht Künzelsau relativ preiswert modernisiert statt Öhringen teuer neu zu bauen? (Hier kam die Antwort, daß auch das relativ neue Gebäude in Künzelsau plötzlich ziemlich marode geworden sei, was doch Verwunderung hervorgerufen hat.)
Fazit: Ein reichlich unsouveräner und im Wortsinne konzeptloser Landrat, der sogar von den auf der Bühne auftretenden fachkundigen Rednern komplett im Stich gelassen wurde, hat es nicht geschafft, das zerstörte Vertrauen, die zerstörte Glaubwürdigkeit auch nur in Ansätzen wiederherzustellen.
Er hat nicht den Eindruck gemacht, daß er aus dem Kommunikationsdebakel der Vergangenheit gelernt hat und es steht zu befürchten, daß er weiterhin in Gutsherrenmanier agieren wird.
Wie sagts der Dichter?
Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffenNein, das sind wirklich keine guten Aussichten für den Hohenlohekreis.
Den Vorhang zu und alle Fragen offen.
PS: Nach der Veranstaltung wartete ein Streifenwagen vor der Stadthalle - hatte der Landrat etwa Befürchtungen?
Nachtrag 05.07.:
Der Artikel von Ralf Reichert in der Stimme ist bewundernswert unvollständig und behandelt leider nur einen Teil der Veranstaltung. Den Fragen und Aussagen der Bürger wird wie bei ihm inzwischen üblich kein Platz eingeräumt. Aber über die Stimme und insbesondere den Herrn Reichert rege ich mich nicht mehr auf, sonst handle ich dem Motto "meines" Landrats Neth "Gesünder länger leben" zuwider und da hilft dann auch "Mehr Obst und Gemüse essen" nicht viel.
Zum heutigen Artikel von Barbara Griesinger ist nur soviel zu sagen: Einem Dialog steht doch vor allem entgegen, daß die eine Seite nichts zu sagen hat außer der Feststellung, daß doch alles entschieden sei.
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