Wie die Agitation für Dumpfdenke wirkt /incl update

Gestern Unlängst durfte ich am lebenden Beispiel lernen, wie leicht sich ein gutausgebildeter junger und gesellschaftlich engagierter Mensch von den Agitatoren für Dumpfdenke einfangen lässt:  

Erst redete er von Konsequenzen für Nestlé, die man einführen müsse, konnte das aber irgendwie nicht wirklich begründen. Vielleicht, weil Nestlé ein Schweizer Konzern ist? Scheinbar war ihm das gar nicht bewußt. 

Aber dann wechselte er schnell das Thema und wurde ganz konkret: HARIBO müsse man boykottieren und er täte das auch. Und warum? Weil die "in Afrika" "irgendein Öl" "produzieren" würden, mit dem die Gummibärchen glänzen und für dessen Anbau die Menschen unter unwürdigen Bedingungen schuften würden. Und das -Trumpf aus dem Ärmel geholt!- würden ja selbst(!) die öffentlich-rechtlichen Medien bestätigen, da gäbe es sogar eine Dokumentation.  

Kurze Recherche ergab, daß es sich bei "Afrika" um "Brasilien", bei "irgendein Öl" um "Carnauba-Wachs" und bei "produzieren" um "bei einem großen Anbieter auf dem Markt kaufen" handeln dürfte. Und daß es zum Thema wohl im Jahre 2017 eine recht kurze Sequenz in der doch eher der Unterhaltung zuzurechnenden Sendung "Markencheck" gegeben hat. 

Nun, immerhin stimmt, daß in dem Bericht üble Arbeitsbedingungen thematisiert wurden.  

Carnauba-Wachs wird allerdings nicht nur von HARIBO verwendet sondern wird wohl von allen industriellen Fruchtgummiherstellern (auch für vegane Fruchtgummis im Übrigen) verwendet und HARIBO produziert das wohl auch nicht selber und hat damit sicherlich keinen direkten Einfluß auf die Arbeitsbedingungen vor Ort. Insofern ist die Sünde von HARIBO in unserer globalisierten Welt sicherlich nicht größer als die Sünden der großen Textilvertreiber, die ihrer Verantwortung durch Verträge mit Lieferanten gerecht werden wollen, die wiederum ihre Verantwortung durch Verträge mit Sublieferanten ... (der junge Mensch war bekleidet).

Und aufgrund einer solchen "Fakten"lage boykottiert ein junger,  gutausgebildeter und gesellschaftlich engagierter Mensch einen Hersteller? Ich weiß ja nicht, ob er ein Auto besitzt, aber mit jeder Durchfahrt durch die Waschanlage mit dem tollen Heißwachs verbraucht ein Autofahrer wahrscheinlich mehr Carnauba-Wachs als ein Mensch in einem Jahr durch Gummibärchenverbrauch essen kann.   

[Obacht geben: Diese Aussage entbehrt jeglicher Faktengrundlage, die habe ich rein aus dem Bauch heraus eben erfunden, weil sie so schön plakativ ist und gleich das böse Auto ins Spiel bringt. Eine Relativierung und ein Whataboutismus vom Allerfeinsten. Die Aussage dient einzig zu demagogischen Zwecken. Das erkennt man am "wahrscheinlich": Wenn man nämlich "wahrscheinlich" davorschreibt, darf man alles behaupten. Dann gilts. Hätt ja sein können, denn was denkbar ist, kann auch wahr sein. So sagens uns zumindest erfahrene Demagogen.]

Haribo hat damals übrigens sehr schnell reagiert: Hier oder hier nachzulesen (Update: HARIBO hat umgehend geantwortet und schickt mir einen Verweis auf einen aktuelleren Beitrag auf der Webseite. ) 

Wenn ich diesem jungen Menschen den obigen Link zur DW oder zu HARIBO gebe, ob er mir dann glauben wird? Oder wird er weiterhin in seiner selbstgewählten Filterblase bleiben, weil nicht sein kann, was nicht sein darf? 

Aktuelles Beispiel für die Agitation für Dumpfdenke ist ja der "Klapper-Klaus", wo antifaktisch einfach alles, was einem irgendsoein automatischer Bot ins Social-Network schreibt, geglaubt und blindwütig weiterverbreitet wird: "Hab ich auf facebook gelesen" ...

[Disclaimer: Carnaubamäßig bin ich selbstverständlich politisch korrekt unterwegs: An meinen Franzosendiesel laß ich nur echtes Regenwasser (das ganz weiche! Ab 100km/h wird die Kiste nicht nur sauber sondern rein!) und für eine Waschanlage habe ich seit ich ihn fahre noch keinen Cent bezahlt. Was hab ich für ein Glück, da darf ich mir ab und zu, ganz selten, auch mal einen Gummibären leisten, egal von welchem Hersteller.]

[Und da Carnauba unverdaulich ist, könnte man es aus den Kläranlagen aufbereiten und direkt der Lebensmittelindustrie aus einem nachgewiesen nachhaltigen Stoffkreislauf ... ach nee, ich hör ja schon auf.]


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